Es hat nicht sollen sein. Nichts wird es mit einem Finale Holland-Deutschland. Aber seien wir ein Stück weit auch froh. Schon war wieder in manchen Medien von der Schlacht zwischen den Moffen (holländisches Schimpfwort für Deutsche) und den Käsköppen (deutsches Schimpfwort für Holländer) die Rede, und dieser verbale Ersatzkrieg mit Hilfe von Ethnophaulismen – so heißt das schöne Fremdwort für abwertende Bezeichnungen von Nationalitäten (griechisch ethnos = Volk, phaulis = wertlos, böse) – hätte sicher noch Fahrt aufgenommen bis Sonntag. Darauf wir verzichten wir nun liebend gerne.
Schauen wir uns einige Kollektiv-Beschimpfungen für die Deutschen dennoch etwas näher an – und zwar unter eher sprachgeschichtlichem Blickwinkel, weil das sehr viel über ihre Tendenz zu unsinnig-boshafter Verallgemeinerung aussagt.
Das schon über dreihundert Jahre alte Mof ist das gleiche Wort wie unser Muffel, bedeutet also muffiger, griesgrämiger Mensch. So wurden wir damals wohl generell empfunden, wobei sicherlich nicht alle Deutsche Sauertöpfe waren.
Ähnlich bei den Franzosen: Sie nannten uns – vor allem seit dem Krieg von 1870/71 – les boches, was wohl auf tète de boche (Holzkugel) zurückgeht und mit Dickkopf oder Holzkopf zu übersetzen ist. Glaubt man übrigens jüngsten Untersuchungen, so wird es immer seltener gebraucht und findet sich im geschriebenen Französisch gar nicht mehr.
Das kann man von den Krauts, wie wir wegen unserer Vorliebe für Sauerkraut in England genannt werden, nicht gerade behaupten – ein Blick in die britische Presse vor und nach der deutschen 4:1-Klatsche von Bloemfontain für die Three Lions sprach Bände.
Auch der Piefke, wie uns die Österreicher nennen und dabei den preußisch schnarrenden Herrenmenschen im Auge haben, dürfte nicht so schnell verschwinden. Wobei dieser Name Piefke pikanterweise gar kein deutscher Familienname ist, sondern – abgeleitet von piwo= Bier – ursprünglich aus Polen stammt.
Von den Polen wiederum werden wir alle per Rundumschlag abwertend szwab genannt. Damit senden unsere Nachbarn im Osten auf der gleichen Wellenlänge wie jene im Süden, denn auch die Schweizer nennen uns Deutsche ja spätestens seit dem Schwabenkrieg von 1499 zwischen den Eidgenossen und dem Schwäbischen Bund allesamt Schwobe – und in Zeiten des Streits um das Bankgeheimnis auch schon mal Sauschwobe, was insbesondere den Badenern mit ihrer Schwaben-Allergie überhaupt nicht passt. Aber die gehen ja schon auf die Barrikaden, wenn man sie Badenser nennt…
Man sieht: Empfindlichkeiten allerorten. Wir Deutsche sind übrigens beileibe keine Waisenknaben, wenn es um Verunglimpfungen anderer Völker geht. Wir haben den Ösi erfunden und nach dem Fund der Steinzeitleiche vom Hauslabjoch auf Ötzi erweitert – mit hörbar geringschätzigem Unterton.
Noch älter sind die Itaker, wie zunächst italienische Soldaten im 1. Weltkrieg in Anlehnung an die Polaken genannt wurden, dann aber vor allem die Gastarbeiter aus dem Süden nach 1945. Wir kennen den Spaghettifresser und den Katzelmacher, den Kameltreiber und den Kümmeltürken. Und Wörter wie Bimbos, Kaffern und Kanaken für dunkelhäutige oder orientalisch aussehende Ausländer sind uns auch nicht fremd – trotz oder womöglich gerade wegen ihres eindeutigen rassistischen Untertons.
Zurück zum Anfang: Wie dümmlich diskriminierende Verallgemeinerungen oft sind, lässt sich an einem kleinen Beispiel aus unserem Landstrich belegen: Nimmt man mal die Käseproduktion im Allgäuer Käsedreieck Isny-Wangen-Leutkirch, so gibt es auch hier genug Käsköppe.
Und apropos Moffen. Ein bisschen muffig sind wir heute in der Tat. Man verliert nicht jeden Tag ein Halbfinale.
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