Mit der Gewährung von Staatshilfe für Opel wurde die Büchse der Pandora aufgemacht. In vielen Medien bemühen Journalisten seit Tagen dieses Bild für eine Tat mit unabsehbaren Folgen. Damit fällt wieder einmal ein Schlaglicht auf das reiche antike Erbe, das in unserer Sprache weiterlebt. Aber Hand aufs Herz: Hat man immer den genauen Hintergrund solcher Redewendungen parat?
Schauen wir mal bei den alten Griechen nach, warum diese Büchse der Pandora beileibe keine Pralinéschachtel war: In Urzeiten lebten die Menschen ohne Alter, Krankheit und Schmerz. Als jedoch der Titan Prometheus das Feuer im Himmel raubte und gegen den Willen von Göttervater Zeus auf die Erde brachte, sann dieser auf Rache. Er schickte Pandora mit einem Gefäß zu den armen Menschlein, das alles Unheil der Welt enthielt. Und die Schöne öffnet es dann auch weisungsgemäß. Bei Hesiod liest sich das so: "Aber das Weib hob ab den mächtigen Deckel und ließ alles heraus, den Menschen zu stiften Not, Jammer und Plage."
Da kommt also nach der Opel-Einigung noch einiges auf uns zu. Aber wenn wir schon bei den griechischen Sagen sind: Auch vom Augiasstall war in den letzten Monaten oft die Rede, den es auszumisten gelte – und gemeint war damit meistens die Chefetage irgendeiner Bank. Bei diesem Ausdruck stand der Held Herakles Pate, der bekanntlich zwölf Taten vollbringen musste, unter anderem den verdreckten Rinderstall von König Augias ausputzen. Der Kraftprotz leitete einfach zwei Flüsse hindurch, und flugs war der Dung fortgespült.
Ein letztes Beispiel: In der Wirtschaftskrise gelte es für Politiker, den Ariadnefaden nicht zu verlieren, sprich den richtigen Weg aus diesem Irrgarten zu wählen. Auch das ist derzeit eine beliebte Wendung. Hier greifen die Schreiber auf die Sage von der schönen Königstochter auf Kreta zurück, mit deren Wollknäuel ihr Geliebter Theseus aus dem Labyrinth des Ungeheuers Minotauros wieder herausfand.
Bildungshuberei? Wenn sich jemand in Gesellschaft blamiert, weil er Syphilisarbeit statt Sisyphosarbeit sagt, wäre es besser gewesen, er hätte irgendwann mal Gustav Schwabs bis heute wunderbar zu lesende "Sagen des klassischen Altertums" in die Hand genommen.
Aber so hat halt jeder seine Achillesferse – auch so ein sagenhaftes Wort.
Schlag nach bei Schwab!
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