Ursprünglich sei Horst Köhlers Wiederwahl eine glasklare Sache gewesen, aber dann habe Gesine Schwan ihren Hut in den Ring geworfen. So stand es dieser Tage bei uns im Blatt. Ihren Hut in den Ring? Hat man sie je behütet gesehen? Und machte sie je bei einem Boxturnier mit?
Redensarten rund um den Hut gibt es einige: seinen Hut nehmen, vor jemanden den Hut ziehen, ein alter Hut sein, sich etwas an den Hut stecken können, auf den Hut bekommen, etwas unter einen Hut bringen, mit jemand nichts am Hut haben …
Damit wird ganz nebenbei dokumentiert, welche Bedeutung die Kopfbedeckung in unserem Leben hat. Nach dem Hintergrund der Redensart den Hut in den Ring werfen muss man allerdings länger suchen. Der Spezial-Duden für Redwendungen und Redensarten führt sie nicht an, und auch in Lutz Röhrichs eigentlich unerschöpflichem "Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten" wird man nicht fündig.
Ein Grund könnte ihr Alter sein. Streifzüge im Internet machen klar, dass es sich wahrscheinlich um eine relativ junge wortwörtliche Lehnübersetzung aus dem amerikanischen to throw (to toss) one’s hat in the ring handelt. In den USA war es früher üblich, seinen Hut, seine Kappe oder seine Mütze in den Ring zu werfen, wenn man an einem Schauboxen teilnehmen und einen Gegner herausfordern wollte. Angeblich hat auch Theodor Roosevelt 1912 diesen Ausdruck benutzt, um seine Kandidatur für die Präsidentenwahl anzumelden, und damit für eine Popularität gesorgt, die bis heute anhält.
So wirft man seinen Hut eben manchmal in den Ring – was besser ist, als wenn er einem hochgeht.
Donnerstag, 21. Mai 2009
Es klang zwar schon öfters hier an, aber dennoch sei mal wieder die Frage gestellt: Was täten wir eigentlich beim Schreiben ohne den Bindestrich?
Ganz einfach: Wir wären arm dran. Denn er hilft uns erheblich beim Lesen und Begreifen eines Textes. Und bei allem Unmut über die Rechtschreibreform mit ihren vielen Unsäglichkeiten, hier hat sie sogar segensreich gewirkt.
Man darf verstärkt mittels Bindestrich koppeln. So kann ein Wort wie der Eierschalensollbruchstellenverursacher – ein Gerät zum Köpfen des Frühstückseis – seinen Schrecken verlieren. Auch das 1999 in Mecklenburg-Vorpommern erlassene Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz wirkt aufgedröselt um einiges kommoder. Vor allem aber bietet sich der Bindestrich bei Mischwörtern aus verschiedenen Sprachen an. Allerdings bedarf es dann auch einer gewissen Konsequenz.
Nehmen wir nur ein Beispiel: die Wortverbindungen mit Gen (griechisch génos = Geschlecht), die seit dem Aufkommen der Gentechnik ja besonders im Schwange sind. Der neueste Duden schreibt Gentechnik, auch Genpool, Gentest und Gentransfer. Den Genmais und den Genweizen hat er noch nicht aufgenommen. Er würde beides allerdings wahrscheinlich auch ohne Bindestrich schreiben.
Aber was ist mit Generbsen und Gengerste? Wer als Deutscher diese Wörter zum ersten Mal liest, bleibt hängen. Er liest Generbsen zunächst einmal wie genervt, also mit der Betonung auf der zweiten Silbe. Und bei Gengerste startet er wie bei Gengenbach. Allenfalls der Kontext hilft dann weiter.
Was tun in diesem Fall, um nicht zu sagen in dieser Gengemengelage?
Man vertraut auf den Kontext, auch wenn das womöglich auf Kosten der schnellen Lesbarkeit geht. Oder man koppelt – dann aber konsequent durch den ganzen Text. Man schreibt also nicht: "Die Gendebatte muss auch die Genaubergine mit einschließen", sondern „Die Gen-Debatte muss auch die Gen-Aubergine mit einschließen".
Fazit: Eine Bananenkrümmungsgradverordnung haben wir ja schon. Was uns noch fehlt, ist die Gengemüsekoppelungsempfehlung. Dann aber richtig: Gen-Gemüse-Koppelungsempfehlung. Den Wortbestandteil Koppelungsempfehlung darf man allerdings nicht trennen. Denn hier handelt es sich um eine Verbindung durch ein Fugen-s.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Ganz einfach: Wir wären arm dran. Denn er hilft uns erheblich beim Lesen und Begreifen eines Textes. Und bei allem Unmut über die Rechtschreibreform mit ihren vielen Unsäglichkeiten, hier hat sie sogar segensreich gewirkt.
Man darf verstärkt mittels Bindestrich koppeln. So kann ein Wort wie der Eierschalensollbruchstellenverursacher – ein Gerät zum Köpfen des Frühstückseis – seinen Schrecken verlieren. Auch das 1999 in Mecklenburg-Vorpommern erlassene Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz wirkt aufgedröselt um einiges kommoder. Vor allem aber bietet sich der Bindestrich bei Mischwörtern aus verschiedenen Sprachen an. Allerdings bedarf es dann auch einer gewissen Konsequenz.
Nehmen wir nur ein Beispiel: die Wortverbindungen mit Gen (griechisch génos = Geschlecht), die seit dem Aufkommen der Gentechnik ja besonders im Schwange sind. Der neueste Duden schreibt Gentechnik, auch Genpool, Gentest und Gentransfer. Den Genmais und den Genweizen hat er noch nicht aufgenommen. Er würde beides allerdings wahrscheinlich auch ohne Bindestrich schreiben.
Aber was ist mit Generbsen und Gengerste? Wer als Deutscher diese Wörter zum ersten Mal liest, bleibt hängen. Er liest Generbsen zunächst einmal wie genervt, also mit der Betonung auf der zweiten Silbe. Und bei Gengerste startet er wie bei Gengenbach. Allenfalls der Kontext hilft dann weiter.
Was tun in diesem Fall, um nicht zu sagen in dieser Gengemengelage?
Man vertraut auf den Kontext, auch wenn das womöglich auf Kosten der schnellen Lesbarkeit geht. Oder man koppelt – dann aber konsequent durch den ganzen Text. Man schreibt also nicht: "Die Gendebatte muss auch die Genaubergine mit einschließen", sondern „Die Gen-Debatte muss auch die Gen-Aubergine mit einschließen".
Fazit: Eine Bananenkrümmungsgradverordnung haben wir ja schon. Was uns noch fehlt, ist die Gengemüsekoppelungsempfehlung. Dann aber richtig: Gen-Gemüse-Koppelungsempfehlung. Den Wortbestandteil Koppelungsempfehlung darf man allerdings nicht trennen. Denn hier handelt es sich um eine Verbindung durch ein Fugen-s.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Freitag, 15. Mai 2009
Der Genitiv bedarf der Zuwendung
Zunächst eine Notiz in eigener Sache:
Zu unserer Rubrik erreichen uns viele Briefe. Das freut uns sehr, und dafür wollen wir wieder einmal recht herzlich danken. Am guten Willen, sich dieser Themen anzunehmen, fehlt es auch nicht. Aber leider am Platz. So wird die Halde der noch nicht abgearbeiteten Anregungen immer größer, und wir können nur um Geduld bitten. Andererseits wollen wir die Zuschriften bislang nicht missen, da sie oft recht originell sind und vor allem zeigen, was unsere Leser in Sachen Sprache gerade umtreibt.
Ein Thema, das sehr oft angesprochen wird, klang oben schon an: der schwächelnde Genitiv in Verbindung mit bestimmten Verben. Standarddeutsch ist immer noch „Wir nehmen uns dieser Themen an“ und nicht „Wir nehmen uns diesen Themen an.“
Aber weil Konstruktionen mit dem Genitiv – sagen wir es vereinfachend – schlichtweg anspruchsvoller sind, weichen viele Zeitgenossen auf den Akkusativ oder den Dativ aus. Sie schreiben „Manche Fragen in Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise bedürfen eine schnelle Beantwortung“, obwohl es einer schnellen Beantwortung heißen müsste. Oder sie schreiben „Winnenden gedenkt den Opfern des Amoklaufs“ statt der Opfer.
Korrektes Deutsch ist das nicht.
Beim allgemeinen Hang zur Sprachökonomie, um nicht zu sagen: bei der Tendenz zur Simplifizierung in den Zeiten des Internets ist zwar leider anzunehmen, dass sich diese Entwicklung weg vom Genitiv noch verstärkt. Aber man muss da ja nicht mitmachen. Man sollte sich seiner nicht schämen und sich weiterhin aller althergebrachten sprachlichen Mittel bedienen, um sich eines guten Stils rühmen zu können.
P.S.
Wenn vorn schon in eigener Sache die Rede war, so sei es auch am Schluss gestattet: Immer wieder wird nachgefragt, ob es die Sprachplaudereien in Buchform gibt. Bislang noch nicht, aber eine gedruckte Ausgabe von 80 Texten seit dem Start im Jahr 2006 ist gerade im Entstehen und dürfte demnächst vorliegen, worauf wir natürlich hinweisen werden.
Eines ist jedenfalls sicher: Der Autor harrt ihrer schon – auch ein Genitiv.
Zu unserer Rubrik erreichen uns viele Briefe. Das freut uns sehr, und dafür wollen wir wieder einmal recht herzlich danken. Am guten Willen, sich dieser Themen anzunehmen, fehlt es auch nicht. Aber leider am Platz. So wird die Halde der noch nicht abgearbeiteten Anregungen immer größer, und wir können nur um Geduld bitten. Andererseits wollen wir die Zuschriften bislang nicht missen, da sie oft recht originell sind und vor allem zeigen, was unsere Leser in Sachen Sprache gerade umtreibt.
Ein Thema, das sehr oft angesprochen wird, klang oben schon an: der schwächelnde Genitiv in Verbindung mit bestimmten Verben. Standarddeutsch ist immer noch „Wir nehmen uns dieser Themen an“ und nicht „Wir nehmen uns diesen Themen an.“
Aber weil Konstruktionen mit dem Genitiv – sagen wir es vereinfachend – schlichtweg anspruchsvoller sind, weichen viele Zeitgenossen auf den Akkusativ oder den Dativ aus. Sie schreiben „Manche Fragen in Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise bedürfen eine schnelle Beantwortung“, obwohl es einer schnellen Beantwortung heißen müsste. Oder sie schreiben „Winnenden gedenkt den Opfern des Amoklaufs“ statt der Opfer.
Korrektes Deutsch ist das nicht.
Beim allgemeinen Hang zur Sprachökonomie, um nicht zu sagen: bei der Tendenz zur Simplifizierung in den Zeiten des Internets ist zwar leider anzunehmen, dass sich diese Entwicklung weg vom Genitiv noch verstärkt. Aber man muss da ja nicht mitmachen. Man sollte sich seiner nicht schämen und sich weiterhin aller althergebrachten sprachlichen Mittel bedienen, um sich eines guten Stils rühmen zu können.
P.S.
Wenn vorn schon in eigener Sache die Rede war, so sei es auch am Schluss gestattet: Immer wieder wird nachgefragt, ob es die Sprachplaudereien in Buchform gibt. Bislang noch nicht, aber eine gedruckte Ausgabe von 80 Texten seit dem Start im Jahr 2006 ist gerade im Entstehen und dürfte demnächst vorliegen, worauf wir natürlich hinweisen werden.
Eines ist jedenfalls sicher: Der Autor harrt ihrer schon – auch ein Genitiv.
Freitag, 8. Mai 2009
Konstruieren wir einmal eine Frage für Günter Jauchs Millionenquiz:
Was ist ein altes Wort für Schwiegertochter?
a) Seil, b) Schnur, c) Strick oder d) Faden?
Die richtige Lösung ist b). Hätten Sie’s gewusst?
An diese alte Bedeutung des Wortes Schnur konnte dieser Tage zunächst denken, wer in unserer Zeitung das Interview mit Dieter Thomas Kuhn las. „Mein Schnurbart ist neu – und echt“ stand da als Titel.
Schnurbart im Sinn von Damenbart? Es hätte nicht verwundert bei diesem Sänger, der ja auch gerne ein Brusttoupet trägt. Aber es war wohl eher ein Fehler.
Beim Googeln finden sich übrigens Tausende von falschen Schnurbärten.
Das richtige Wort Schnurrbart hat allerdings nichts mit einer Schnur zu tun, sondern kommt von schnurren. Eine Katze schnurrt, ein Spinnrad schnurrt. Es ist also genauso wie schnarren lautmalerisch für ein Geräusch und steckt auch in dem ordinären alemannisch-schwäbischen Dialektwort Schnurre für Schnauze in der Bedeutung von lautem, frechem Organ. Unser Altkanzler hieß nicht umsonst Schmidt Schnauze. Und warum man statt Schnurrbart auch Schnauzbart sagen kann, ist dann ebenso klar.
Aber noch einmal zurück zur Schnur im alten Wortsinn: Bei Martin Luther machte sich Naemi im Buch Ruth (1,6) mit ihren Schnüren auf den Weg, und das blieb so bis in die Bibeln des 19. Jahrhunderts. Sprachforscher haben auch eine plausible Erklärung für dieses eigentümliche Wort parat: Danach hätte man in der Schwiegertochter die Person gesehen, die zwei Sippen zusammenbindet.
Wie auch immer: Übermorgen ist Muttertag, also auch Schwiegermuttertag.
Da sollten alle Schnüre schnurstracks in den Blumenladen schnüren. Das kommt immer gut.
Was ist ein altes Wort für Schwiegertochter?
a) Seil, b) Schnur, c) Strick oder d) Faden?
Die richtige Lösung ist b). Hätten Sie’s gewusst?
An diese alte Bedeutung des Wortes Schnur konnte dieser Tage zunächst denken, wer in unserer Zeitung das Interview mit Dieter Thomas Kuhn las. „Mein Schnurbart ist neu – und echt“ stand da als Titel.
Schnurbart im Sinn von Damenbart? Es hätte nicht verwundert bei diesem Sänger, der ja auch gerne ein Brusttoupet trägt. Aber es war wohl eher ein Fehler.
Beim Googeln finden sich übrigens Tausende von falschen Schnurbärten.
Das richtige Wort Schnurrbart hat allerdings nichts mit einer Schnur zu tun, sondern kommt von schnurren. Eine Katze schnurrt, ein Spinnrad schnurrt. Es ist also genauso wie schnarren lautmalerisch für ein Geräusch und steckt auch in dem ordinären alemannisch-schwäbischen Dialektwort Schnurre für Schnauze in der Bedeutung von lautem, frechem Organ. Unser Altkanzler hieß nicht umsonst Schmidt Schnauze. Und warum man statt Schnurrbart auch Schnauzbart sagen kann, ist dann ebenso klar.
Aber noch einmal zurück zur Schnur im alten Wortsinn: Bei Martin Luther machte sich Naemi im Buch Ruth (1,6) mit ihren Schnüren auf den Weg, und das blieb so bis in die Bibeln des 19. Jahrhunderts. Sprachforscher haben auch eine plausible Erklärung für dieses eigentümliche Wort parat: Danach hätte man in der Schwiegertochter die Person gesehen, die zwei Sippen zusammenbindet.
Wie auch immer: Übermorgen ist Muttertag, also auch Schwiegermuttertag.
Da sollten alle Schnüre schnurstracks in den Blumenladen schnüren. Das kommt immer gut.
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