Nun gibt es auch den Bier-Sommelier, so stand es dieser Tage in der SZ. War ja auch höchste Zeit, dass sich in Zeiten zunehmender Genusssucht jemand dieser wichtigen Aufgabe annimmt. Und wenn wir schon den Sommelier haben… Aber seit wann haben wir den eigentlich? Was Sommeliers sind, nämlich ausgewiesene Weinkellner und vor allem Weinkenner in guten Lokalen, wissen Gourmets schon länger. In den allgemeinen Sprachgebrauch ist dieses zur Abwechslung mal nicht aus dem Englischen, sondern aus dem Französischen stammende Fremdwort aber noch nicht lange eingedrungen. Im Rechtschreib-Duden – in solchen Fällen immer ein guter Gradmesser – taucht der Sommelier erstmals 1991 auf. Seine deutschen Verwandten tummeln sich allerdings schon länger im deutschen Wortschatz.
In Sommelier steckt das französische somme = Last, das über ein altprovencalisches und spätlateinisches sauma auf griechisch sagma zurückgeht, wie man den Packsattel für Lasttiere nannte. Ein Sommelier ist also ursprünglich ein Eselstreiber, der Lebensmittel durchs Land transportierte. Im übertragenen Sinn wurde daraus – etwas vereinfacht dargestellt – der Verwalter für eben diese Lebensmittel, später insbesondere der Verantwortliche für den Weinkeller in vornehmen Häusern und schließlich der Experte für gute Tropfen im Speiselokal.
Streng genommen, könnten wir ihn auf deutsch auch Säumer nennen. Wie dieses? Wenn wir heute von Saumtier für Lasttier sprechen oder von Saumpfad für einen Weg übers Gebirge, so hat das nichts mit Saum = Rand, Besatz eines Stoffes zu tun, sondern geht ebenfalls auf die Wurzel sauma = Last zurück. Und den Säumer gab es in der Tat. In Schillers „Wilhelm Tell“ heißt es noch: „Hier geht der Säumer mit dem schwerbeladnen Roß, der ferne herkommt von der Menschen Ländern“. Soume wurde im Mittelhochdeutschen zudem als Begriff für die Menge eingesetzt, die ein Lasttier tragen konnte, zum Beispiel die Menge an Getränken. Und da haben wir einen hübschen Beleg aus dem Nibelungenlied: „Man sold mir siben soume met und lutertranc haben her gefüeret“.
Man merke: met und lutertranc, was soviel heißt wie vergorener Honigsaft und mit Gewürzen versetzter, geklärter Rotwein. Von wegen Genusssucht – die gab es also damals schon.
Donnerstag, 16. April 2009
Telefongespräch zwischen Südlicht und Nordlicht: „Ist Ihr Buch schon fertig?“ – „Nein, ich bin noch gar nicht angefangen.“ Wer diesseits der Mainlinie groß geworden ist, hat mit diesem ich bin angefangen seine Probleme. Und das auch noch zu Recht. Denn das Hilfsverb sein, das Landsleute im Westen und Norden hier gerne einsetzen, ist laut Grammatik eigentlich falsch. Ich bin angefangen gilt allenfalls als umgangssprachlich, korrekt muss es heißen: Ich habe angefangen.
Eine Erklärung für dieses Phänomen lässt sich finden: Bei der Perfektbildung unserer Verben wird normalerweise das Hilfsverb haben eingesetzt: Ich habe gegessen, du hast geredet, er hat sich beeilt, wir haben ihrer gedacht, ihr habt das Haus umgebaut, sie haben das Auto gekauft. Eine Ausnahme machen die Verben, die eine Bewegung oder einen Vorgang beschreiben und das Perfekt in der Regel mit sein bilden: Ich bin gegangen, du bist gekommen, er ist gewandert, wir sind geeilt, ihr seid geflüchtet, sie sind geschlichen. Wahrscheinlich wird anfangen im Norden also als Verb der Bewegung interpretiert, was ja auch nicht ganz abwegig ist.
Umgekehrt findet sich eine Eigenart im Süden, die ihrerseits für den Rest der Republik gewöhnungsbedürftig klingt. Sitzen, stehen, liegen sind mit Sicherheit keine Verben der Bewegung. Dennoch verpasst man ihnen in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz im Perfekt das Hilfsverb sein. So heißt es dort: Ich bin gesessen, du bist gestanden, er ist gelegen, was wiederum nicht standarddeutsch ist. Hier verhält sich der Norden – wenn man so will – korrekter.
Sonderfälle gibt es natürlich auch noch: Die Verben, die das Perfekt mit sein bilden, sind normalerweise intransitiv, können also allenfalls ein Dativobjekt haben, aber kein Akkusativobjekt. Es heißt also Ich bin mit dem Mercedes (Dativobjekt) in die Garage gefahren, aber Ich habe den Mercedes (Akkusativobjekt) in die Garage gefahren. Das Verb durchgehen schert allerdings aus der Reihe. Man sagt Er ist das Buch mit dem Lektor durchgegangen, obwohl das Buch hier als Akkusativobjekt fungiert. Ihm ist die Frau durchgegangen ist dagegen regelkonform – aber ansonsten nicht sehr schön.
Eine Erklärung für dieses Phänomen lässt sich finden: Bei der Perfektbildung unserer Verben wird normalerweise das Hilfsverb haben eingesetzt: Ich habe gegessen, du hast geredet, er hat sich beeilt, wir haben ihrer gedacht, ihr habt das Haus umgebaut, sie haben das Auto gekauft. Eine Ausnahme machen die Verben, die eine Bewegung oder einen Vorgang beschreiben und das Perfekt in der Regel mit sein bilden: Ich bin gegangen, du bist gekommen, er ist gewandert, wir sind geeilt, ihr seid geflüchtet, sie sind geschlichen. Wahrscheinlich wird anfangen im Norden also als Verb der Bewegung interpretiert, was ja auch nicht ganz abwegig ist.
Umgekehrt findet sich eine Eigenart im Süden, die ihrerseits für den Rest der Republik gewöhnungsbedürftig klingt. Sitzen, stehen, liegen sind mit Sicherheit keine Verben der Bewegung. Dennoch verpasst man ihnen in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz im Perfekt das Hilfsverb sein. So heißt es dort: Ich bin gesessen, du bist gestanden, er ist gelegen, was wiederum nicht standarddeutsch ist. Hier verhält sich der Norden – wenn man so will – korrekter.
Sonderfälle gibt es natürlich auch noch: Die Verben, die das Perfekt mit sein bilden, sind normalerweise intransitiv, können also allenfalls ein Dativobjekt haben, aber kein Akkusativobjekt. Es heißt also Ich bin mit dem Mercedes (Dativobjekt) in die Garage gefahren, aber Ich habe den Mercedes (Akkusativobjekt) in die Garage gefahren. Das Verb durchgehen schert allerdings aus der Reihe. Man sagt Er ist das Buch mit dem Lektor durchgegangen, obwohl das Buch hier als Akkusativobjekt fungiert. Ihm ist die Frau durchgegangen ist dagegen regelkonform – aber ansonsten nicht sehr schön.
Donnerstag, 2. April 2009
Die Mode in Zeiten der Rezession
A star is born. So sagt man, wenn ein neuer Stern am Himmel der Unterhaltungsindustrie auftaucht. Manchmal kann man das auch von Wörtern behaupten: A word is born. Zum Beispiel Rezessionista.
Wenn die Weltwirtschaftskrise alles in ihren Würgegriff nimmt, dann bleibt auch die Modebranche nicht unbehelligt. So berichtet „Spiegel online“ diese Woche von Frauen, die sich in Zeiten der Rezession zwar immer noch edel und teuer kleiden, allerdings etwas unauffälliger. Sie nun Rezessionistas zu nennen, ist ganz witzig. Der allenfalls vier, fünf Monate alte Begriff recessionista kommt natürlich – wie nicht anders zu erwarten – aus den USA. Dort hat man die beiden Wörter Recession, also Rezession, und Fashionista schlichtweg kombiniert. Dabei steht Fashionista seit längerem für eine sehr modebewusste, wenn nicht gar modesüchtige Person und ist seinerseits schon eine Mischung aus englisch fashion (Mode) und der spanischen Nachsilbe -ista.
Was hier unter anderem anklingt, sind Wörter wie Sandinista oder Peronista, sprich: die Mitglieder der nicaraguanischen Freiheitsbewegung oder die Anhänger des einstigen argentinischen Diktators Peron. Oder man denkt an die Internacionalistas, jene Revolutionstouristen aus Europa, die eine Zeit lang die lateinamerikanische Politik als Spielwiese entdeckt hatten. Jedenfalls haben solche Ausdrücke heute oft einen leicht ironischen, wenn nicht abwertenden Klang. Und der ist bei Rezessionistas, also Damen des Geldadels, denen auch im Zeichen der Krise der Sinn nur nach schickem Fummel steht, ja nicht ganz abwegig.
An Otto Normalverbraucher aber geht das alles vorbei. Der hat derzeit andere Sorgen und muss sich manchmal schon wie Bankrotto Normalverbraucher vorkommen - ohne etwas dafür zu können.
Wenn die Weltwirtschaftskrise alles in ihren Würgegriff nimmt, dann bleibt auch die Modebranche nicht unbehelligt. So berichtet „Spiegel online“ diese Woche von Frauen, die sich in Zeiten der Rezession zwar immer noch edel und teuer kleiden, allerdings etwas unauffälliger. Sie nun Rezessionistas zu nennen, ist ganz witzig. Der allenfalls vier, fünf Monate alte Begriff recessionista kommt natürlich – wie nicht anders zu erwarten – aus den USA. Dort hat man die beiden Wörter Recession, also Rezession, und Fashionista schlichtweg kombiniert. Dabei steht Fashionista seit längerem für eine sehr modebewusste, wenn nicht gar modesüchtige Person und ist seinerseits schon eine Mischung aus englisch fashion (Mode) und der spanischen Nachsilbe -ista.
Was hier unter anderem anklingt, sind Wörter wie Sandinista oder Peronista, sprich: die Mitglieder der nicaraguanischen Freiheitsbewegung oder die Anhänger des einstigen argentinischen Diktators Peron. Oder man denkt an die Internacionalistas, jene Revolutionstouristen aus Europa, die eine Zeit lang die lateinamerikanische Politik als Spielwiese entdeckt hatten. Jedenfalls haben solche Ausdrücke heute oft einen leicht ironischen, wenn nicht abwertenden Klang. Und der ist bei Rezessionistas, also Damen des Geldadels, denen auch im Zeichen der Krise der Sinn nur nach schickem Fummel steht, ja nicht ganz abwegig.
An Otto Normalverbraucher aber geht das alles vorbei. Der hat derzeit andere Sorgen und muss sich manchmal schon wie Bankrotto Normalverbraucher vorkommen - ohne etwas dafür zu können.
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