Nach der Karlsruher Entscheidung zum Euro-Rettungsschirm überschlagen sich die Medien. An markigen Metaphern ist mal wieder kein Mangel, aber zwischendurch lernt man auch etwas. Greifen wir nur mal einen Rundfunkkommentar heraus: Zwar könne die Kanzlerin nun einen Etappensieg feiern, so hieß es da, die Gegner ihrer Politik seien aber weiterhin Legion.
Jeder weiß, was mit diesem Wort Legion gemeint ist, aber nicht jeder weiß auf Anhieb, woher dieser Ausdruck stammt. Weil aber Bildungslücken dazu da sind, dass man sie schließt, schlägt man kurz nach. Quelle ist – wie so oft – die Bibel. Da gibt es in den Evangelien von Markus (5,9) und Lukas (8,30) die Geschichte des Besessenen von Gerasa. Von bösen Geistern geplagt, wirft er sich Jesus in den Weg. Der Heiland fragt ihn: „Wie heißt du?“ Der Kranke antwortet: „Mein Name ist Legion, denn wir sind viele.“ Jesus erlaubt den Dämonen, den Körper des Besessenen zu verlassen, worauf sie in eine Herde von zweitausend Schweinen fahren und sich in den See stürzen. Der Mann aber ist geheilt und verkündet fortan dem staunenden Volk, was ihm widerfahren ist…
Legion steht also schlichtweg für viele oder sehr viele. Den damaligen Juden müssen die Legionen der römischen Besatzer – in der Regel militärische Großverbände bis zu 6000 Mann – schlichtweg als riesige Übermacht erschienen sein.
Aber noch etwas anderes fällt in diesem Zusammenhang auf: Über weite Strecken klingt diese Euro-Debatte wie Kriegsberichterstattung. Da wird gekämpft, gefochten und gerungen, da prallen die Fronten aufeinander, da schickt man seine Truppen ins Feld, rasselt mit dem Säbel, lauert auf die Schwächen des Gegners, zwingt ihn in die Knie, und schließlich lecken die einen ihre Wunden und beklagen ihre Niederlage, während die anderen ihren Sieg feiern – siehe oben.
Aber so ist das nun mal. Die Sprache lebt von Metaphern, umso mehr wenn gestritten wird. Sie lebt auch gut davon, solange diese sprachlichen Bilder stimmen – und keiner von der Schlacht von Kana schreibt, jedoch die Schlacht von Cannae meint, was auch schon geschehen ist. Liegen ja nur knapp 250 Jahre zwischen Hannibal und Jesu Wandeln auf Erden…
Apropos Kana: Da wohnte einmal ein württembergischer Vikar in Untermiete bei einer älteren Frau. Die störte sich daran, dass der junge Pfarrer abends gerne ein Viertele Trollinger trank. Zur Rede gestellt, versuchte er sich zu verteidigen und sagte: „Jesus hat auf der Hochzeit zu Kana sogar Wasser in Wein verwandelt.“ Darauf die Frau mit heiligem Ernst: „Des isch au net sei beschtes Stückle gwä.“
Freitag, 14. September 2012
Von Karlsruhe nach Kana
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