"Es wird immer offensichtlicher, dass Christian Wulff den Landtag nach Strich und Faden hinters Licht geführt hat." So befand jetzt Stefan Wenzel, der Fraktionsvorsitzende der Grünen in Hannover, und was er damit meinte, war klar.
Aber woher kommt eigentlich dieses nach Strich und Faden?
Ganz einfach: Wenn früher der Meister in einer Weberei die Qualität eines Gewebes überprüfte, so ging es ihm zum einen um den Strich, sprich: die Webart, und zum anderen um den Faden, sprich: den Webstoff. War beides in Ordnung, so hatte der Geselle seine Arbeit gründlich gemacht. Wenzel wollte also zum Ausdruck bringen, dass der damalige Ministerpräsident Wulff den Landtag gehörig, kräftig, massiv angelogen hat.
Überhaupt ist die Causa Wulff eine wahre Fundgrube für allerlei Metaphern rund um Strich und Faden.
Wenn viele Bürger den Bundespräsidenten derzeit auf dem Strich haben, so klingt dabei ein doch sehr kriegerischer Ausdruck an: Beim Schießen nimmt man jemand aufs Korn und hat ihn dann auf dem Strich, das heißt auf der Visierlinie bis ins Ziel.
Vielen geht auch gegen den Strich, was Wulff sich ihrer Meinung nach bisher geleistet hat. Hier spielt eine Erfahrung aus der Tierwelt herein: Insbesondere Katzen mögen es gar nicht gerne, wenn man gegen den Strich, sprich: gegen die natürliche Ausrichtung, über ihr Fell streicht.
Andere Zeitgenossen wiederum möchten nach all dem Hickhack der letzten Wochen endlich – wie beim Rechnen – einen Strich unter die ganze Affäre ziehen.
Aber lassen Sie uns den Faden doch noch etwas weiterspinnen: Wenn derzeit viele glauben, die Erklärungen unseres Staatsoberhauptes würden immer fadenscheiniger, so gibt es dafür einen guten Grund: Wulff hat wohl längst nicht mehr alle Fäden in der Hand. Diese Redensart stammt zur Abwechslung einmal nicht aus dem Weberhandwerk, sondern aus dem Marionettentheater, wo die Puppen an Fäden bewegt werden.
Aber noch einmal zurück zu unserem Webermeister vom Anfang. Bekam der ein schlechtes Werkstück in die Hand, so ließ er keinen guten Faden an ihm. So weit sind mittlerweile mehr als die Hälfte aller Deutschen, wenn sie nach ihrer Meinung zu Wulff befragt werden.
Wie auch immer man zu dem ganzen Fall steht: Ein Schaden für unser Land ist er unterm Strich allemal, da beißt die Maus keinen Faden ab.
Und woher kommt das nun schon wieder? Die plausibelste Erklärung: Am 17. März feiert man das Fest der heiligen Gertrud, Äbtissin von Nivelles im heutigen Belgien und Ururgroßtante von Karl dem Großen. Sie wurde vor allem zu Frühjahrsbeginn gegen die Mäuseplage angerufen. Weil man aber früher glaubte, die nach dem langen Winter wieder putzmunteren Mäuse würden von diesem 17. März an mit Vorliebe den Flachs in der Spinnstube fressen, stellten die Frauen das Spinnen vorher ein. Damit war alles klar – und da konnte dann die Maus keinen Faden mehr abbeißen.
Aus die Maus! So heißt übrigens ein bemerkenswertes Büchlein über ungewöhnliche Todesanzeigen.
Aber das ist eher eine Geschichte für November.