Alles ist bekanntlich relativ im Leben. Die einen müssen sich nach den Sommerferien wieder so richtig reinhängen, die anderen können rumhängen, nachdem sie ihr Werkzeug schon an die Wand gehängt haben – zumindest bildlich.
Gerade in den letzten Tagen war vielerorts von der Sichelhenke zu lesen, wobei hier ein altes Brauchtum in den Blick rückt. Wenn früher das letzte Getreidefeld abgeerntet war, wurden die Sicheln bis zum nächsten Jahr im Gebälk der Scheune des Bauernhofes aufgehängt. Zudem war es schöne Sitte, dass dann Bauer und Bäuerin für das Gesinde ein großes Fest ausrichteten, um bei Speis und Trank gemeinsam den guten Abschluss der Ernte zu feiern.
Solche Hoffeste sind heute nicht mehr die Regel, aber überlebt hat die Sichelhenke allemal, und wenn sie nur – wie jetzt wieder in Ravensburg – den Namen für ein großes, buntes Treffen der Kreisbauernschaft mitten in der Stadt hergibt.
Aber diese Sichelhenke ist auch aus sprachlichen Gründen interessant. Natürlich kommen einem da sofort der Henkel und der Henker in den Sinn, und in der Tat steckt auch in diesen beiden Wörtern die alte Nebenform henken von hängen, wobei dann entweder ein Krug aufgehängt wurde oder ein Bösewicht.
Gemein ist allerdings, dass dieses Wort hängen in der Vergangenheit entweder starke Formen hat (hängen – hing – gehangen) oder schwache (hängen – hängte – gehängt), je nachdem, ob es intransitiv oder transitiv gebraucht wird. Da kommen manche Zeitgenossen schon mal durcheinander.
Machen wir uns das an Beispielen aus dem alten Wilden Westen klar: "Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand", sang Bruce Low (vulgo: Ernst Gottfried Bielke) trauerumflort in den Fünfzigern, weil sein Pony hingeschieden war. Die Vergangenheitsformen lauten in diesem Fall: "Es hing ein Pferdehalfter ..." und "Es hat ein Pferdehalfter … gehangen".
Und nun nehmen wir uns den ergreifenden Text eines anderen Liedes vor: "Hang down your head, Tom Dooley, hang down your head and cry. Hang down your head, Tom Dooley, alles ist nun vorbei. Morgen, da kommt die Stunde, dann führt man dich hinaus. Ja, morgen, da musst du hängen, ja, morgen ist alles aus."
Nun hatte dieser Tom allen Grund, seinen Kopf hängen zu lassen. 1866 erstach er seine Geliebte Laura und wurde zum Tod durch den Strang verurteilt. Sprich: Man hängte ihn (transitiv), und da hing er dann (intransitiv).
Nur noch eines am Rande: Wer zufällig Henke heißt, muss nun keinen trüben Gedanken nachhängen. Dieser Familienname hat mit Galgenvögeln rein gar nichts zu tun. Er geht vielmehr auf die alte Koseform Henk des Vornamens Heinrich zurück. Dem entspricht dann auch Hank, die Kurzversion von Henry im Amerikanischen.
Aber was hatte der US-Countrymusiker Hank Williams in seinem Repertoire? "Hang down your head, Tom Dooley". Ach, hol’s doch der Henker!