Wir hätten an dieser Stelle schon lange nicht mehr gegen die Springflut der unsinnigen Anglizismen gewettert, klagte kürzlich ein Leser. Dem Manne kann geholfen werden, denn ein Thema stand ohnehin schon ganz oben auf der Liste: Lehnübersetzungen aus dem Englischen, die teils unnötig sind, teils widersinnig, aber allemal kaum zu verhindern.
Über die Unsitte, einmal mehr zu sagen, haben wir uns hier schon früher ausgelassen. Diese wörtliche Übersetzung des englischen once more hat bei vielen längst das früher übliche schon wieder, erneut oder abermals abgelöst. Aber warum eigentlich? Einmal mehr lässt im Deutschen an eine Aufzählung denken – einmal mehr, zweimal mehr, dreimal mehr. Und das ergibt keinen Sinn.
Oder sollte man sagen, das macht keinen Sinn? Schon sind wir bei einer anderen Lehnübersetzung, die vor einigen Jahren, ausgehend vom englischen to make sense, zunächst in Reden auftauchte, sich dann aber schnell auch im Schriftdeutschen festsetzte. In unseren Medien macht heute alles Sinn oder auch keinen Sinn – von der Frauenquote bis zur Grundschulempfehlung, von Stuttgart 21 bis zum Atomausstieg. Das ist sinnvoll zu sagen, Das ergibt einen Sinn oder Das hat einen Sinn kommt vielen schon gar nicht mehr in den Sinn.
Nun lässt sich über solche Entwicklungen ja milde lächelnd hinwegsehen – immer nach dem Motto: So funktioniert Sprache eben in der Ära der Globalisierung. Aber den Kopf schütteln wird man noch dürfen. Vor geraumer Zeit hat eine besonders hirnrissige Wendung ihren Siegeszug angetreten. "Am Ende des Tages geht es bei Bayern München einfach ums Geld", so sprach Karl-Heinz Rummenigge, als es unlängst Trainer Louis van Gaal an den Kragen ging. Nur am Ende des Tages? Nicht auch schon zu Beginn desselben? Und überhaupt?
Das Englisch-Lexikon hilft bei der Aufklärung der dunklen Worte des Bayern-Vorstandsvorsitzenden, die er in einem Rundfunkgespräch übri-gens gleich zehn Mal wiederholte: Für unsere altehrwürdigen Begriffe letzten Endes, letztendlich oder schließlich und endlich sagen die Engländer und Amerikaner at the end of the day, also wörtlich übersetzt am Ende des Tages. Diese rhetorische Figur kennen wir Deutsche allerdings nicht, weswegen wir unwillkürlich immer zunächst an einen Tag denken, der sich dem Ende entgegen neigt.
Und auch hier ist nun das sattsam bekannte Phänomen zu beobachten: Irgendwer findet diese gespreizte Formulierung besonders schick, irgendwelche anderen greifen sie wichtigtuerisch auf, und am Ende des Tages plappern alle sie nach. Gute Nacht!